05.09.2017

Gute Zeit, schlechte Zeit?

In der Bäckerei: Fünf Leute stehen vor Dir in der Schlange. Der Verkäufer nimmt sich Zeit für jeden Kunden und hält mit jedem einzelnen einen kleinen Plausch. Wie reagierst Du?


Gestern Abend, (fast) Punkt 19 Uhr.

Zwölf Menschen trafen sich zur Philosopherei auf der WALDLICHTUNG, um lachend und kontrovers dieses omnipräsente und doch so wenig greifbare Element zu diskutieren: Die Zeit. Es ging wuchtig los mit Begriffen wie „Knechtschaft“ und „Geißelung“. Aber ist es wirklich die Zeit – die Dauer von Ereignissen –, die uns geißelt? Oder ist es die Uhr, die uns ihren unnachgiebigen Takt auferlegt? Einen Takt, der nicht immer mit unserem (Bio-) Rhythmus zu harmonieren scheint.

„Time is money“, sagte Benjamin Franklin im Jahre 1748. Wir verknüpfen immer mehr die (gesellschaftliche, wirtschaftliche, menschliche) Produktivität mit dem Faktor Zeit. 1884 wird die Weltzeit eingeführt, Planbarkeit als Basis für wirtschaftlichen Fortschritt. Wir synchronisieren und ökonomisieren unsere Zeit, sie wird zielorientiert und sinnvoll eingesetzt.

Aber liegt womöglich hier der Knackpunkt? Was ist sinnvoll?

Wir gewöhnen uns mehr und mehr an rasende Geschwindigkeit (sei es durch immer schnellere Fortbewegungsmittel, durch effizientere Kommunikationswege, automatisierte Produktions- oder wendigere Arbeitsprozesse) und werden dabei ungeduldig… „Das geht doch noch schneller!“

Was gewinnen wir mit den gesparten Minuten?

Ein Gast, eine wunderbare Frau in ihren 60igern, beschrieb, dass sie – nun mit weniger Lebenszeit, die vor als hinter ihr läge – wählerischer damit umgehe. Heißt das im Umkehrschluss, dass wir in unseren jungen Jahren Zeit vergeuden? Wollen wir gar nicht die Leben führen, die wir führen?

Was ist wertvolle Zeit?

Welche Rolle spielen dabei Endlichkeit, Selbstbestimmung, Ego und Gesellschaft? Wieviel sind wir bereit für mehr Zeit zu zahlen? Sind wir überhaupt noch fähig, Längerfristiges oder gar Langsames wie einen demokratischen Prozess, Entscheidungsfindung oder Trauern auszuhalten? Was lehrt uns Langeweile?

Ein souveräner Umgang mit der Zeit scheint harte Arbeit zu sein. Haben Mutige mehr Zeit?
Die Mehrheit von unserer gestrigen Runde hätte die Bäckerei übrigens unverrichteter Dinge verlassen.

Tick tack

Impressionen

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Gut geplant und getaktet sind übrigens auch die nächsten Philosopherei-Termine am 01.11. und 04.12.2017.